Regeln sind wichtig. Sie bieten Orientierung und Sicherheit bei Entscheidungen. Sie schaffen Verbindlichkeit und definieren Erwartungen klar. Wer sich an Regeln hält, sorgt dafür, dass Prozesse reibungslos laufen, Missverständnisse vermieden werden und jeder genau weiß, was zu tun ist. So weit, so gut.
Doch warum hat Kreativität diesen Drang, aus festen Bahnen auszubrechen? Warum machen Werber aus Regeln so oft Ausnahmen?
Wer Regeln bricht braucht Mut
Der Regelbruch in der Werbung ist keine Erfindung des digitalen Zeitalters oder von Social Media. Er gehört seit jeher zum Erfolgsgeheimnis außergewöhnlicher Kampagnen.
Ich erinnere mich noch gut: Vor rund 30 Jahren habe ich erstmals bewusst erlebt, wie kraftvoll Regelbruch sein kann. Damals stand der Kampagnen-Launch für den neuen FIAT Panda an – unter dem provokanten Claim „Die tolle Kiste.“Dazu kamen fast intellektuelle, vor allem humorvolle Motive – beides völlig unüblich in der Autowerbung. Zwei Regelbrüche, die bald noch getoppt wurden.
Wie üblich testete man die Kampagne vorher bei potenziellen Kunden. „25 Prozent fanden sie gut, 75 Prozent haben gekotzt“, fasste ein Agenturmitarbeiter das Ergebnis zusammen. Entsetzen in der Agentur – man sah das Herzensprojekt schon in der Schublade verschwinden.
Doch dann zeigte sich, wie wichtig mutige Entscheider sind: Der damalige FIAT-Werbechef Hans-Joachim Richter sagte nur: „25 Prozent Zustimmung ist schließlich auch schon was.“ Er gab grünes Licht. Die Kampagne wurde ein Erfolg, gewann zahlreiche Kreativpreise – und machte den Panda zum meistverkauften Kleinwagen Deutschlands. Ein Auto mit Kultstatus bis heute.
Dieser Erfolg war kein Zufall. Er war das Ergebnis von Mut und dem Vertrauen, Regeln bewusst zu brechen. Mut, den auch Marken wie Benetton, Sixt oder Lucky Strike immer wieder gezeigt haben.
Wann lohnt sich der Regelbruch?
Was sind eigentlich die Regeln in der Werbung, die es zu hinterfragen gilt? Und wann ist der richtige Moment, sie zu brechen? Klar ist: Einfach nur dagegen zu sein, reicht nicht.
Einfache, originelle Ideen sind der Kern guter Werbung. Regelbruch ist dabei kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug. Er muss dem Produkt dienen und die Marke differenzieren. Geht man zu weit, verfehlt man sein Ziel. Werbung muss Erwartungen brechen – denn sie ist nie eingeladen. Wer langweilt, verliert sofort.
Fazit:
Es gibt keine feste Regel für gute Werbung. Sonst gäbe es nur gute Werbung. Erfolgreiche Kampagnen leben davon, Konventionen hinter sich zu lassen und Aufmerksamkeit zu schaffen – ohne die Werte der Marke aus den Augen zu verlieren.
Diese Gratwanderung ist nichts für Marketer, die in der Komfortzone bleiben wollen. Sie erfordert den Mut, sich immer wieder selbst zu hinterfragen, das Erwartbare loszulassen und bewusst gegen den Strom zu schwimmen.